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Stand: 1.8. 2007
Melanie Fuchs
FÜNFTE LEKTION, Abschnitt 3 (Seite 110-123 des LEITFADENS)
Langentwurf „Kombinatorik“
Melanie Fuchs, Grundschullehrerin in Niedersachsen, hat den nun folgenden Lan-
gentwurf während ihres Referendariats erstellt. Sie wurde von der Seminarleitung an-
gehalten, kompetenzorientiert zu planen. Deshalb hat sie für ihre zweite Grundschul-
klasse ein Kompetenzstufenmodell zur Kombinatorik entworfen, das ihr die Detailpla-
nung der Unterrichtseinheit sehr erleichtert hat. Sie hat vorweg geklärt, auf welcher
Stufe ihres Modells sich die Schülerinnen und Schüler zu Beginn der Unterrichtsein-
heit „mindestens“ befanden und dann Vermutungen darüber angestellt, welche Stufe
einzelne von ihnen am Ende der Einheit erreicht haben könnten. Wir drucken den
Entwurf nur geringfügig gekürzt und überarbeitet ab, um Ihnen eine Orientierung für
die Anlage eigener Entwürfe zu geben. Die Namen der Schülerinnen und Schüler
sind maskiert.
Melanie Fuchs (Lehramtsanwärterin), Studienseminar K.
Grundschule
Datum: 24. September 2004
Zeit: 8.15 – 9.00 Uhr (1. Stunde)
Klasse: 2 (23 Schüler)
Thema der Unterrichtseinheit: Entwicklung kombinatorischer Fähigkeiten anhand hand-
lungsorientierter Aufgabenstellungen
Thema der Unterrichtsstunde: Bearbeitung einer dreistufigen kombinatorischen Aufga-
be – oder: „Wie können sich die Bewohner auf der Insel
der begrenzten Möglichkeiten anziehen?“
1. Einordnung der Stunde in die Unterrichtseinheit
Thema der Unterrichtsstunden Aufgabenstellungen
1. Stunde
Einführung in die Rahmengeschichte und indi-
viduelle Bearbeitung einer zweistufigen kom-
binatorischen Aufgabe.
Die Schüler sollen durch Ausprobieren mögli-
che Häuserkombinationen malen.
2. Stunde
Legen möglicher Kombinationen und Übertra-
gen der Ergebnisse durch Malen auf Karten in
Partnerarbeit. Anschließend gemeinsames
Sichten, Vergleichen und Ordnen der gesam-
melten Kombinationen. Vervollständigen der
Die Schüler sollen mit Material Kombinationen
legen (Stufe 1). Beim gemeinsamen Sichten
sollen sie doppelte Kombinationen aussortieren.
Im Plenum sollen einzelne Schüler noch fehlen-
de Kombinationen benennen. Mit ihrem Tisch-
partner sollen die Schüler ihre Kombinationen

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möglichen Kombinationen zu zweit. vervollständigen (Stufen 2 bis 3).
3. Stunde
Kennen lernen des Baumdiagramms.
Die Schüler sollen das Baumdiagramm kennen
lernen und seinen Aufbau nachvollziehen. Sie
sollen lernen, das Ergebnis einzelner Pfade zu
benennen und umgekehrt einer Kombination
den entsprechenden Pfad zuzuordnen (Stufe 3).
4. Stunde
Bearbeitung einer dreistufigen kombinato-
rischen Aufgabe – oder: „Wie können sich
die Bewohner auf der Insel der begrenzten
Möglichkeiten anziehen?“
Die Schüler sollen handelnd die möglichen
Kombinationen eines dreistufigen kombina-
torischen Problems ermitteln und sie nach
unterschiedlichen Kriterien ordnen. Dabei
sollen sie auf gewonnene Einsichten aus den
vorherigen Stunden zurückgreifen und Ana-
logien herstellen (Stufen 2 bis 4)
5. Stunde – 8. Stunde
Je nach Lernfortschritt Weiterarbeit an gestell-
ten kombinatorischen Problemen bzw. Bear-
beitung neuer Aufgaben.
Die Schüler sollen weitere Erkenntnisse zur Lö-
sung kombinatorischer Aufgaben sammeln und
vertiefen. Ihre Erfahrungen sollen sie auf neue
kombinatorische Probleme übertragen können
(Stufen 2 bis 4)
9. Stunde
Selbstständige Bearbeitung einer dreistufigen
Abschlussaufgabe zur Feststellung des Lern-
fortschritts.
Die Schüler sollen abstrakt und systematisch
möglichst viele Kombinationen finden und die-
se zeichnerisch darstellen (Stufen 3 bis 5)
2. Ziele
2.1 Hauptziel der Unterrichtseinheit
Die Schüler sollen lernen, beim Lösen von kombinatorischen Aufgabenstellungen eigene Lö-
sungsstrategien zu entwickeln. Sie sollen handelnd die möglichen Kombinationen von zwei-
und dreistufigen kombinatorischen Problemen ermitteln und diese nach unterschiedlichen Kri-
terien ordnen und mit Hilfe dieser Ordnung fehlende Kombinationen benennen können. Sie
sollen die graphische Darstellung der Kombinationen mindestens nachvollziehen können.
Neben dieser fachlichen Orientierung, in der es insbesondere um die Entwicklung der Ab-
straktionsfähigkeit der Kinder geht, sollen in der Unterrichtseinheit auch das selbstständige
Ausprobieren (Dimension Methodenkompetenz), die Fähigkeit und Bereitschaft zur Tandem-
arbeit (Dimension Sozialkompetenz) und das Selbstvertrauen der Kinder (Dimension Selbst-
kompetenz) gefördert werden.
2.2 Hauptziel der Unterrichtsstunde vom 24.9.2004
Die Schüler sollen durch eigenes Ausprobieren die möglichen Kombinationen eines dreistufi-
gen kombinatorischen Problems erkennen und lernen, sie nach unterschiedlichen Kriterien zu
ordnen. Dabei sollen sie auf gewonnene Einsichten aus den vorherigen Stunden zurückgreifen
und Analogien herstellen.
2.3 Teilziele der Unterrichtsstunde
Die Schüler sollen ...

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mögliche Kombinationen von Mütze, Pullover und Hose mit dem von mir vorbereiteten
Material auslegen können und sie durch Anmalen auf Karten übertragen,
gleiche Kombinationen als solche wahrnehmen und sie als „Doppelte“ aussortieren kön-
nen,
die gefundenen Kombinationen nach vorgegebenen Kriterien ordnen können,
die Kriterien zur Ordnung der Karten benennen und sie begründen können,
nachvollziehen können, dass sich beim zweidimensionalen Ordnen einer dreistufigen
kombinatorischen Aufgabe ein Merkmal „abwechseln“ muss, um ein vollständiges Raster
zu erhalten,
ein Baumdiagramm zur Aufgabenlösung kognitiv nachvollziehen oder mitgestalten und
einzelne Pfade des Baumdiagramms bestimmten Kombinationen zuordnen können,
durch das Betrachten der einzelnen Pfade die Vollständigkeit der selbst gefundenen Kom-
binationen überprüfen können,
ihre Vorgehensweise beim Finden der möglichen Kombinationen Mitschülern erklären
können.
3. Klassensituation
3.1 Rahmenbedingungen
Die Klasse 2 ist mir seit Anfang meines Referendariats bekannt. Seit Mitte November 2003
unterrichte ich die Klasse im Fach Mathematik mit vier durch die Mentorin betreuten Stunden
Seit Februar 2004 leite ich den Unterricht eigenverantwortlich. Die Klasse besteht aus 23
Schülern (14 Mädchen und 9 Jungen). Bis auf Waldemar (Russland) und Anna (Kasachstan)
sind alle Kinder in Deutschland geboren. Jedoch ist Deutsch bei acht weiteren Kindern (Jas-
min, Keno, Tim, Lena, Lina, Miriam, Burhan und Evelyn) nicht die Muttersprache.
Sprachliche Probleme gibt es immer noch bei Waldemar, der die erste Klasse wiederholt hat.
Oft versteht er Arbeitsanweisungen, die frontal gegeben werden, nicht sofort. Evelyn hat
ebenfalls Verständnisprobleme, die jedoch auch auf ein Defizit des Gehörs zurückzuführen
sind. Seit den Sommerferien trägt sie ein Hörgerät.
3.2 Arbeits- und Sozialverhalten / Leistungsstand
Kevin, Dennis, Pascal und Marko sind in ihrem Sozialverhalten auffällig. Die leistungsstärke-
ren Schüler Tim, Marie, Linda, Dennis, Anna, Lena und Pascal melden sich häufig und brin-
gen den Unterricht mit ihren Bemerkungen voran. Sie verstehen auch neue Aufgaben schnell
und bearbeiten sie selbstständig. Ebenfalls gute Beiträge kommen von Marko und Alexander,
die aber bei der selbstständigen Arbeit nicht immer konzentriert sind und sich leicht ablenken
lassen. Auch Miriam, Melissa, Nadine, Keno, Kevin, Burhan und Tatjana melden sich oft. Sie
benötigen beim selbstständigen Arbeiten häufiger Hilfen und arbeiten nicht so schnell wie die
zuerst genannten. Noch langsamer arbeiten Chantal, Jasmin, Waldemar, Pia und Lina. Für sie
ist es oft schwer, neue Aufgabentypen zu lösen. Chantal wird beim selbstständigen Arbeiten
leicht entmutigt; sie sagt dann, „ich kann das sowieso nicht“ und muss in besonderem Maße
gelobt und bestärkt werden. Evelyn hat in den Sommerferien viel geübt; seither hat sich ihre
Leistung gesteigert. Neue Aufgaben oder Aufgabentypen fallen ihr aber immer noch sehr
schwer. Ich vermute, dass sie auch bei dieser Unterrichtseinheit viel Hilfe brauchen wird.
3.3 Lernvoraussetzungen
Der Leistungsstand der Klasse ist sehr heterogen. Um die Einzelleistungen besser einordnen
zu können, habe ich für diese Unterrichtseinheit ein fachliches Kompetenzstufenmodell für
das Lösen kombinatorischer Aufgabenstellungen entwickelt. Es ist fünfstufig und an den von
M
EYER/PARADIES/WOPP (2003, S. 112 – vgl. S. yy dieses LEITFADENS) formulierten Kon-

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struktionsregeln orientiert. Auf Stufe 5 brauchen die Schüler zur Lösung der kombinatori-
schen Aufgaben keine Hilfestellung vom Lehrer mehr, auf Stufe 1 sehr viel.
Stufe 1 Finden von Kombinationen durch Ausprobieren – Die Schüler finden Kombina-
tionen durch Ausprobieren. (Jeder wählt Lieblingskombination und versucht noch
andere mögliche Kombinationen zu finden.)
Stufe 2 Sinnvolles Sichten und Vergleichen – Die Schüler können gefundene Kombinatio-
nen vergleichen und so „Doppelte“ aussortieren. Auf einem höheren Entfaltungsni-
veau können die Schüler die Kombinationen auf Übereinstimmungen und Unter-
schiede hin untersuchen.
Stufe 3
Vervollständigen der gefundenen Kombinationen – Die Schüler können eine
graphische Darstellung (Tabelle oder Baumdiagramm) mit allen möglichen Kombi-
nationen nachvollziehen. Sie können ihre eigenen gefundenen Kombinationen ent-
sprechend zuordnen und vervollständigen.
Stufe 4 Ordnen der Kombinationen nach vorgegebenen und nach selbst formulierten
Kriterien – Die Schüler können die möglichen Kombinationen nach einem (zu-
nächst vorgegebenen) Kriterium ordnen. Mit wachsendem Entfaltungsniveau können
die Schüler selbstständig Ordnungskriterien benennen.
Stufe 5 Selbstständige Erarbeitung aller möglichen Kombinationen – Die Schüler kön-
nen selbstständig die Merkmale mit ihren Ausprägungen nennen und geordnet gra-
phisch darstellen (durch Tabelle oder Baumdiagramm).
Das Stufungskriterium, nach dem die fünf Stufen angeordnet worden sind, ist der ansteigende
Abstraktionsgrad der Aufgabenbearbeitung. Die kombinatorische Kompetenz kann sich verti-
kal beim wiederholten Durchlaufen der Stufen entwickeln. Es kann aber auch eine horizontale
Entwicklung auf der Ebene jeder einzelnen Stufe stattfinden. Das nenne ich das wachsende
„Entfaltungsniveau“, das durch zunehmende Komplexität der auf einer Stufe zu lösenden
Aufgaben definiert wird.
Das Kompetenzstufenmodell ist an den von Jerome B
RUNER entwickelten „Repräsentations-
modi des Wissens“ (enaktiv – ikonisch – symbolisch) orientiert. So soll jede mögliche Kom-
bination von den Schülern zunächst handelnd, also durch Legen der Figuren, und dann bild-
lich durch das Anfertigen bzw. Ausfüllen von Zeichnungen festgehalten werden. Im Baum-
diagramm wird der Sachverhalt dann symbolisch dargestellt. Durch diesen „intermodalen
Transfer“ (B
RUNER) soll der Lernprozess gefördert werden. Dadurch, dass alle Möglichkeiten
handelnd ermittelt werden können, kann auch ein Schüler, der sich nur auf den Stufen 1 und 2
bewegt, durch Ausprobieren und Aussortieren von Doppelten alle Möglichkeiten ermitteln.
Bei der von mir vor Beginn dieser Unterrichtseinheit durchgeführten Lernstandsanalyse habe
ich gesehen, dass alle Schüler in der Lage sind, durch eigenes Ausprobieren mögliche Kombi-
nationen für ausgewählte Gegenstände zu finden. Sie befinden sich also mindestens auf der
ersten Kompetenzstufe. Bis zur Beratungsstunde am 24.9.2004 sollen alle Schüler bereits auf
Stufe 2 (2. Stunde der Unterrichtseinheit) und auf Stufe 3 (3. Stunde der Unterrichtseinheit)
Erfahrungen gesammelt haben. Ich kann beim Schreiben dieses Entwurfs noch nicht einschät-
zen, ob ein Teil der Schüler dann auch schon auf der 4. Kompetenzstufe arbeiten kann, werde
aber versuchen, die Schüler durch entsprechende Fragestellungen dazu anzuregen. In der 3.
Stunde der Unterrichtseinheit werde ich mit den Schülern ein zweistufiges Baumdiagramm
entwickeln, um ihnen zu zeigen, wie die Vollständigkeit der gefundenen Häuserkombinatio-
nen visuell überprüft werden kann. Es ist deshalb möglich, dass einzelne Schüler in der Bera-
tungsstunde die Struktur des Baumdiagramms schon so weit verinnerlicht haben, dass sie von

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sich aus daran gehen, ein solches Diagramm für eine dreistufige Aufgabe zu erstellen. Dies
würde bedeuten, dass diese Schüler bereits auf der 5. Kompetenzstufe arbeiten.
4. Überlegungen zur Sache
Die meiner Unterrichtseinheit zugrunde liegende Fachdisziplin ist die Kombinatorik. „Sie be-
handelt die gesetzmäßige Anordnung von verschiedenen Elementen (Zahlen, Gegenständen
usw.). Aufgabe der Kombinatorik ist es, die Gruppierungen der gegebenen Elemente nach be-
stimmten Gesetzen vorzunehmen und die Anzahl derselben zu ermitteln“ (K
ÜTTING 1994, S.
182). In der Kombinatorik geht es immer um zwei Fragen (K
ÜTTING, 1999, S.65):
„Welche Möglichkeiten gibt es?“
„Wie viele Möglichkeiten gibt es?“
In meiner Unterrichtseinheit geht es um mehrstu-
fige Zufallsexperimente. In der 3. Stunde wurde
ein zweistufiges, in der Beratungsstunde wird ein
dreistufiges Zufallsexperiment behan- delt. In
der Abbildung 1 wird dieses Zufallsex- periment
am Beispiel „Kugeln aus einer Urne zie- hen“ ver-
anschaulicht.
Abbildung 1: drei Urnen
Bei jeder Ziehung der Kugeln gibt es mehrere Möglichkeiten. Insgesamt ergeben sich nach
der Produktregel 2 mal 4 mal 2 = 16 mögliche Kombinationen.
Zeichnung: Lehrerin und Kinder vor der Tafel mit Mützen, Pullover, Hosen
Für die Beratungsstunde habe ich als Thema „Bekleidungsmöglichkeiten“ gewählt, wobei ich
als Merkmale Hosen, Pullover und Mützen genommen habe. Die Schüler sollen die mögli-
chen Kombinationen sich anzuziehen erarbeiten, bei zwei verschieden farbigen Hosen, vier
verschieden farbigen Pullovern und zwei verschieden farbigen Mützen. Während der gesam-
ten Unterrichteinheit steht nicht das rechnerische Ermitteln der Möglichkeiten im Vorder-
grund (dazu müssten die Schüler bereits die Multiplikation beherrschen), sondern ein strategi-
sches Abzählen. Das kann mit Hilfe eines Baumdiagramms veranschaulicht werden, so dass
die Schüler durch Abzählen die richtige Anzahl der Möglichkeiten ermitteln können.
In der Stunde am 24.9.2004
wird zum ersten Mal ein 3-
gliedriges kombinatorisches
Problem bearbeitet. Ich weiß
aber noch nicht, wie leicht oder
schwer meinen Schülern die
kombinatorischen Aufgaben der
Unterrichtseinheit fallen wer-
den. Deshalb habe ich mögliche
Alternativen zur Steigerung
oder Minderung des Schwierig-
keitsgrads vorbereitet. Eine Vereinfachung der Aufgabenstellung der Beratungsstunde ist
durch das Weglassen des 3. Merkmals (der Mütze) möglich. Eine Erhöhung des Schwierig-
keitsgrades durch Einführung eines vierten Merkmals (z.B. Schuhe) oder durch Erhöhung der
U U U
1. Ziehung 2. Ziehung 3. Ziehung
Mützen
Hosen
Pullover
1

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Ausprägungen (z.B. eine vierte Pulloverfarbe) wäre möglich, ich rechne aber nicht damit,
dass die Schüler so weit kommen. Um den Schwierigkeitsgrad der Aufgabenstellung weiter
zu reduzieren, habe ich mich entschieden, immer dafür zu sorgen, dass unterschiedliche
Merkmale auch unterschiedliche Ausprägungen haben (es gibt niemals Hemd, Hose oder
Mütze in der gleichen Farbe).
5. Überlegungen zur Didaktik
Kombinatorische Aufgabenstellungen sind in den Rahmenrichtlinien der Grundschule in Nie-
dersachsen noch nicht vorgesehen. Es findet sich jedoch die Forderung, die Schüler „Gegen-
stände und/oder strukturiertes Material nach erkannten Eigenschaften sortieren und die Ergeb-
nisse darstellen“ zu lassen (R
AHMENRICHTLINIEN 1984, S. 12) Kombinatorische Aufgabenstellun-
gen sind m.E. gut geeignet, dieses Ziel zu verfolgen. Einen weiteren Aspekt, mit dem man die
Entscheidung für kombinatorische Aufgabenstellungen rechtfertigen kann, stellt das Lesen
und Darstellen von Diagrammen dar. Wie bereits beschrieben ist das Baumdiagramm für die
Lösung von kombinatorischen Aufgaben ein wichtiges Hilfsmittel, das von den Kindern zu-
nächst nachvollzogen und später selbstständig genutzt werden kann. In der Grundschulzeit
sollen die Schüler Darstellungen in Diagrammen und Tabellen kennen und lesen lernen. Sol-
che Darstellungen „verlangen von Schülern bereits eine Abstraktionsleistung“
(R
AHMENRICHTLINIEN 1984, S. 12). Diese Hilfsmittel sollen im Erstunterricht aber „nicht syste-
matisch oder gar lehrgangsartig behandelt werden, sondern immer dann, wenn mit ihrer Hilfe
vorteilhaft Sachverhalte geklärt und Einsichten gewonnen werden können“
(R
AHMENRICHTLINIEN 1984, S. 12).
Auch in der Fachdidaktik Mathematik wird empfohlen, schon in der Grundschule Kombinato-
rik zu betreiben. „Kombinatorische Fragestellungen bieten auch in der Grundschule eine gan-
ze Reihe von Möglichkeiten für Kinder, um über spielerische Handlungen Lösungsstrategien
zu erproben und propädeutisch grundlegende mathematische Begriffe und Beziehungen anzu-
bahnen, die oft in enger Verbindung stehen zu arithmetischen oder geometrischen Themen“
(R
ADATZ/SCHIPPER/DRÖGE/EBERLING 1999, S. 117). Das ist auch deshalb sinnvoll, weil auch noch
selbst vielen Erwachsenen die Beantwortung selbst ganz einfach strukturierter stochastischer
Fragen schwer fällt, weil sie ihr Denken in ihrer Schulzeit nie oder erst sehr spät in stochasti-
scher Hinsicht geschult haben (vgl. Universität Bayreuth 2004, S. 11).
H
EINZE (2003, S. 19) betrachtet Kombinatorikaufgaben als spezielle Form von Sachaufgaben,
in denen Sachzusammenhänge geschildert werden, „die Grundschüler in ihren Lebenswirk-
lichkeiten durchaus wieder finden.“ Zwar sind die Problemstellungen in meiner Unterrichts-
einheit konstruiert, aber aus dem Lebensalltag der Kinder abgeleitet. Gerade das in der Bera-
tungsstunde gewählte Thema des „Sich Anziehens“ beschäftigt sich mit einer Frage, die sich
die Kinder an jedem Tag – mehr oder weniger bewusst und mehr oder weniger selbstbestimmt
– stellen.
6. Überlegungen zur Methodik
Als Einstieg wird die Geschichte des neuen Königs auf der Insel der begrenzten Möglichkei-
ten weitererzählt, deren Anfang die Kinder bereits aus der ersten Stunde der Einheit kennen:
Die Insel der begrenzten Möglichkeiten
Teil 1 (erzählt am 20.9.2004): „Es war einmal eine kleine Insel, die mitten in einem
großen Meer lag. Die Insel hieß „Insel der begrenzten Möglichkeiten“. Auf der Insel re-
gierte ein König. Er war ein guter König, und seine Untertanen mochten ihn sehr. Doch
der König war schon sehr alt und eines Tages starb er. Er hatte keine Frau und keinen
Sohn hinterlassen, es gab also keinen Thronfolger auf der Insel. Die Untertanen schrie-

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ben Briefe zu mehreren Nachbarinseln, um zu fragen, ob es dort einen Prinzen gäbe,
der die Insel der begrenzten Möglichkeiten regieren könnte. Eines Tages legte ein
großes Schiff im Hafen der Insel an. Ein schöner, junger Mann ging von Bord. Er sah
sehr königlich aus. Es war ein Prinz, der gehört hatte, dass hier auf der Insel der be-
grenzten Möglichkeiten ein König gesucht wurde. Die Untertanen begrüßten ihn glück-
lich und alle waren sich einig, dass sie ihn gerne zum König haben wollten. Sie beglei-
teten ihn zum Palast und setzten ihm die Krone auf. Endlich hatten sie wieder einen
König.
Der neue König wollte alles über die Insel erfahren, die er regieren sollte, um sein Amt
gut auszuüben. Deshalb rief er den Architekten zu sich. Er fragte den Architekten, wie
die Häuser auf der Insel aussehen. Der Architekt hatte nicht viel Zeit, weil er so viele
Häuser planen musste. Aber er gab dem König einige wichtige Informationen: „Die
Häuser auf der Insel haben alle einen Unterbau und ein Dach. Der Unterbau kann rot,
blau, grün oder braun sein. Die Dächer sind orange, lila oder gelb.“ Jetzt wusste der
König schon viel über die Häuser, aber er wusste immer noch nicht genau, wie sie aus-
sahen und wie viele verschiedene Häuser es gab.
Teil II (erzählt am 24.9.2004): Inzwischen war schon einige Zeit auf der Insel vergan-
gen und es wurde langsam kälter. Der neue König fragte sich, wie sich die Inselbewoh-
ner zu dieser kalten Jahreszeit kleideten. Er rief nach dem Schneider. Der Schneider
hatte es sehr eilig, weil viele Untertanen bei ihm neue Kleidung bestellt hatten. Auf die
Frage des Königs, welche Möglichkeiten die Untertanen hätten, sich anzuziehen ant-
wortete der Schneider: „ Alle Inselbewohner tragen zu dieser Jahreszeit drei Kleidungs-
stücke: eine Hose, einen Pullover und eine schöne warme Mütze. Die Hose gibt es in
den Farben braun und gelb, den Pullover in grün, orange, blau und lila, die Mütze kann
schwarz oder rot sein.“ Und schon musste sich der Schneider verabschieden und ließ
den König alleine zurück. Jetzt wusste der König schon viel über die Bekleidung seiner
Untertanen, aber er wusste noch nicht genau, wie die Inselbewohner aussehen konnten
und wie viele verschiedene Möglichkeiten sie hatten, sich anzuziehen.
Aus der Geschichte ergibt sich ein neues Problem, welches die Kinder informieren und für die
folgende Aufgabenstellung motivieren soll. Die Bekleidungsstücke der Inselbewohner, die
während der Geschichte an die Tafel geheftet wurden, werden nun als reale Gegenstände aus-
gepackt. Drei Kinder kommen nach vorne und halten die Gegenstände nach Kleidungsstücken
geordnet fest. Ein weiteres Kind kommt nach vorne, um eine mögliche Kombination der Klei-
der anzuziehen. Die Kombination wird von den auf ihren Plätzen verbliebenen Schülern be-
stimmt, um auch sie in den Prozess einzubeziehen. Durch das reale Anziehen soll die Proble-
matik noch einmal verdeutlicht werden. Die Schüler sollen motiviert werden und gleichzeitig
eine Vorstellung davon gewinnen, wie ein Inselbewohner sich anziehen kann.
In der ersten Erarbeitungsphase sollen die Schüler zusammen mit ihrem Tischpartner arbei-
ten. Diese Sozialform hat an dieser Stelle mehrere Vorteile. Zum einen können sich die Schü-
ler untereinander austauschen und ihr Wissen miteinander teilen, so dass auch schwächere
Schüler mitarbeiten können. Zum anderen sprechen sie, während sie arbeiten, miteinander
über die zu lösende Aufgabe und lernen so, ihre Gedanken und Fragen zu verbalisieren. Ein
weiterer Vorteil ist von rein praktischer Natur: Dadurch, dass die Schüler zu zweit zusammen
arbeiten, benötigen sie auch das Material nur einmal, so dass ich nicht für jeden Schüler das
gesamte Material bereitstellen muss. Die Schüler erhalten also jedes Merkmal in allen vorhan-
denen Ausprägungen je einmal. Sie müssen gelegte Kombinationen sofort in ihr Heft abma-
len, bevor sie eine neue Kombination legen können.

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In der Zwischenreflexion soll jedes Paar seine Lieblingskombination mit zur Tafel bringen.
Wir erhalten so 11 Karten mit „angezogenen Kindern“. Vermutlich werden doppelte Kombi-
nationen dabei sein, die von den Kindern als solche erkannt werden müssen. Diese werden
dann unter die andere Karte gelegt und vor dem Ordnen aussortiert. Im nächsten Schritt sollen
die Karten sollen von den Schülern geordnet werden. Ich bin mir aber nicht sicher, ob sie
schon in der Lage sind, dreistufige Kombinationen zu sortieren. Ich behalte mir deshalb als
Alternative vor, schon in dieser Phase der Stunde das Baumdiagramm mit den Schülern zu er-
stellen, was eigentlich erst am Ende der Stunde geschehen soll.
Anschließend haben die Schüler in der zweiten Erarbeitungsphase noch kurz Zeit, ihre
Kombinationen, angeregt durch die Erkenntnisse aus der Zwischenreflexion, zu vervollständi-
gen.
In der lehreraktiven Schlussphase sollen die Schüler beim Erstellen des zur Aufgabe passen-
den dreistufigen Baumdiagramms mitwirken. Dabei sollen sie Gemeinsamkeiten und Unter-
schiede zum zweistufigen Häuser-Baumdiagramm der vorausgegangenen Stunde nennen.
7. Stundenverlaufsplanung
Zeit/Phase Lernsituation Sozialform/
Medien
Einstieg
8.15 Uhr
Begrüßung mit dem Lied „Hey, Hello“
Die Lehrerin erzählt den zweiten Teil der Geschichte vom König
und erläutert sein neues Problem. Der König weiß nicht, welche
Möglichkeiten seine Untertanen haben, sich anzuziehen. Für seine
Statistik braucht er aber sowohl die Anzahl der Möglichkeiten, als
auch Bilder der möglichen Kombinationen.
Die Lehrerin zeigt aus farbigem Pappkarton ausgeschnittene Klei-
dungsstücke und heftet sie nach Merkmalen sortiert an die Tafel.
Sie bittet die Schüler zu schätzen, wie viele unterschiedliche Kom-
binationen es gibt. Die Ergebnisse werden an der Tafel gesammelt.
Die Lehrerin. holt aus einem Koffer die Kleidungsstücke, die auch
die Untertanen in ihrem Schrank haben. 3 Kinder kommen nach
vorne und halten die Kleidungsstücke (nach Merkmalen sortiert)
fest.
Ein weiteres Kind kommt nach vorne, um sich anzuziehen. Die am
Platz gebliebenen Schüler dürfen entscheiden, wie das Kind ange-
zogen wird.
frontal,
Tafel,
Tafelmaterial,
Kleider
Materialkisten
Arbeitsauf-
trag
8.25 Uhr
Die Lehrerin zeigt den Schülern die vorbereiteten Materialkisten
und formuliert den Arbeitsauftrag: „Ihr sollt gleich zu zweit alle un-
terschiedlichen Kombinationen, wie die Inselbewohner sich anzie-
hen können, herausfinden. Zuerst könnt ihr wieder das Kind auf der
großen Karte durch Auslegen mit dem Material anziehen. Dann
malt ihr euer Ergebnis ab. Ich unterbreche euch nach einigen Mi-
nuten und habe dann noch eine Aufgabe.“
frontal
Erarbei-
Lehrerin verteilt die Materialkisten an die Tischgruppen:
Partnerarbeit,

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tung I
8.27 Uhr
eine große Pappfigur zum Auslegen (bzw. Anziehen)
4 Pullover aus Pappe in den Farben: orange, lila, grün und blau
2 Hosen aus Pappe in den Farben: gelb und braun
2 Mützen aus Pappe in den Farben: schwarz und rot
18 Kärtchen zum Anmalen, so dass sich die Zahl der Möglich-
keiten nicht durch Abzählen der weißen Kärtchen ermitteln
lässt. Außerdem können die Kinder Nachschub von diesen Kar-
ten bekommen, falls dies notwendig ist.
Schüler arbeiten in Partnerarbeit.
Materialkisten,
Buntstifte
Zwischen-
reflexion
8.35 Uhr
Schüler kommen auf ein Zeichen der Lehrerin nach vorne und set-
zen sich in den Tafelkinositz. Jedes Paar hat seine Lieblingskombi-
nation mitgebracht. Die mitgebrachten Kombinationen werden nun
an die Tafel geheftet, wobei doppelte aussortiert werden.
Nachdem sowohl die Anzahl der Karten als auch die Anzahl der
vorhandenen Möglichkeiten festgestellt wurde, fragt die Lehrerin
die Schüler, wie man die Karten ordnen kann. Die Lehrerin ordnet
die Karten nach Anweisung der Schüler. Die Anzahl der Möglich-
keiten wird nun anhand des entstandenen Rasters ermittelt.
Die Lehrerin fordert die Schüler auf, die noch fehlenden Kombina-
tionen zu ergänzen und sagt ihnen, wie viel Zeit sie dazu haben
(wahrscheinlich 5 Minuten).
frontal, Tafel-
kino
Tafel,
Lieblings-
kombinatio-
nen,
leere Karten,
Buntstifte
Erarbei-
tung II
8.45 Uhr
Die Schüler arbeiten in Partnerarbeit weiter und ergänzen fehlende
Kombinationen.
Partnerarbeit
Material: s. o.
Präsentati-
on/ Reflexi-
on
8.50 Uhr
Die Schüler kommen wieder ins Tafelkino.
1
Gemeinsam wird nun
ein Baumdiagramm erarbeitet. Die Schüler vergleichen die Baum-
diagramme zum Häuserbauen und zum Anziehen miteinander und
benennen Gemeinsamkeiten und Unterschiede.
Die Schüler räumen ihre Plätze auf.
frontal, Tafel-
kino
Karten
8. Literatur
NIEDERSÄCHSISCHER KULTUSMINISTER (Hrsg.) (1984): Rahmenrichtlinien für die Grundschule. Mathematik.
Hannover: Schroedel.
H
EINZE, ASTRID (2003): Kombinatorikaufgaben als spezielle Sachaufgaben. Lösungsstrategien mathe-
matisch begabter Grundschüler. In: Grundschulunterricht 2/2003.
H
OFFMANN, ANTJE (2003): Elementare Bausteine der kombinatorischen Problemlösefähigkeit. Berlin,
Hildesheim: Franzbecker Verlag.
K
ÜTTING, HERBERT (1994): Didaktik der Stochastik. Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich: BI-Wissen-
schaftsverlag.
K
ÜTTING, HERBERT (1999): Elementare Stochastik. Heidelberg, Berlin: Spektrum Akademischer Verlag.
1
Bein Tafelkino setzen sich die Schüler im Halbkreis vor die Tafel. Je nach Klassengröße
und Räumlichkeiten können mehrere Stuhlreihen gebildet werden. Alternativ setzen sich die Schü-
ler auf Teppichfliesen.

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MEYER, HILBERT/PARADIES, LIANE/WOPP, CHRISTEL (2003): Methodenvielfalt und Methodenkompetenz. In:
K
IPER, HANNA U.A.: Qualitätsentwicklung in Unterricht und Schule. Didaktisches Zentrum der Carl
von Ossietzky Universität.
N
EUBERT, BERND (2003): Gute Aufgaben zur Kombinatorik in der Grundschule. In: R UWISCH,
S
ILKE/WALDEMAR-KOOP, ANDREA (Hrsg.): Gute Aufgaben im Mathematikunterricht der Grundschu-
le. Offenburg: Mildenberger.
R
ADATZ, HENDRIK/SCHIPPER, WILHELM/DRÖGE, ROTRAUT/EBERLING, ASTRID (1999) : Handbuch für den Ma-
thematikunterricht. 3. Schuljahr. Hannover: Schroedel-
U
NIVERSITÄT BAYREUTH, ZENTRUM ZUR FÖRDERUNG DES MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN UNTERRICHTS:
Systematisches Zählen und stochastisches Denken in der Grundschule. Internet:
http://z-mnu.uni-
bayreuth.de/mathematik/daten/Stochastik_GS.pdf (August 2004).
Nach dieser Stunde macht Melanie Fuchs eine Eintragung in ihr Arbeitsjournal.